Mittwoch, 21. November 2007

Bargusin-Tal

Nach unserer Rückkehr nach Ulan Ude bin ich am nächsten Tag sofort wieder losgefahren, diesmal mit der NGO "Firn", die mit ihrem Ableger "Firn-Travel" auch ökologischen Tourismus betreiben, und das ist gar nicht so selbstverständlich hier. Im Minibus ging es die gleiche Strecke wieder nach Norden, den Baikal entlang, aber dann nochmal weitere vier Stunden in das Bargusin-Tal, der höchste Gipfel der umliegenden Berge ist fast 3000 Meter. Die Jungs von Firn-Travel, Alexej, Slawa und Igor haben dort ein ethno-kulturelles Festival ausgerichtet: Durch die Abgeschiedenheit des Tales haben sich hier die burjatische und die - noch viel ältere ewenkische- Kultur erhalten. Die Ewenken lebten hier noch vor den Burjaten, sie waren ein Waldvolk (die Burjaten waren ein Steppenvolk) und in Kleidung und Bräuchen den Indianern sehr ähnlich. Die Vorfahren der Indianer sind ja laut Ethnologen sowieso vor langer Zeit aus Sibirien über Alaska nach Amerika gewandert, aber ich will hier nicht dozieren.
Firn-Travel will mit dem Festival, das unter dem Motto "Was würde ich Gästen im Bargusin-Tal zeigen?" steht, den Bewohnern Möglichkeiten eines bescheidenen Auskommens im Tourismus aufzeigen, und dazu gehört eben auch die Darbietung von Folklore. Mehrere Ensembles aus der Umgebung stellen sich hier im Wettbewerb einer Jury. Die Jurymitglieder sitzen auch mit im Minibus, sie sind alle irgendwie Funktionäre aus Ulan Ude und arbeiten u.a. im Ministerium für Tourismus. Nach neun Stunden Fahrt und zahlreichen, schon erwähnten Haltestellen kommen wir in Kurumkan an, ein größeres Dorf, umgeben von eindrucksvollen Bergen. Es ist sehr kalt hier, aber das muss ich wohl eigentlich nicht erwähnen.
Jedenfalls stehe ich ja nicht so auf Folklore, aber am folgenden Tag wohne ich brav dem Festival bei, das in der Stadthalle stattfindet, mache viele Fotos und Aufnahmen der Gruppen, denn es ist ja alles interessant für mein Tourismus-Thema. Außerdem werde ich einen Artikel für Inform Polis über das Festival schreiben.
Das Tal hat auch noch einiges anderes zu bieten, z.B. ein buddhistisches Datsan, besondere, heilige Felsformationen und heiße Quellen. Und alles vollkommen abgeschieden, vom Tourismus vollkommen unberührt. Firn-Travel setzen auf sanften und lebensnahen Tourismus, so werden Touristen in einheimischen Familien untergebracht.
Nach dem Festival wartete im einzigen Cafe der Dorfes ein riesiges Fest-Bankett auf uns und ich werde den Verlauf des weiteren Abends nicht detailreich beschreiben, nur soviel: Die spinnen, die Russen!
Unzählige Wodkaflaschen wurden vernichtet und natürlich wurde ich auch dazu aufgerufen, einen Tost zu bringen. Bei den anderen waren die Tosts bereits zu ca. halbstündigen Reden und gesanglichen Darbietungen ausgeufert. Ich habe mich tapfer geschlagen, und wirklich länger geredet, so lange, dass ich am Ende fast den Tost vergessen hätte, der da lautet: "Sa wasche rodina!" (Der Fall ist bestimmt wieder nicht richtig..ich werde mir das nie merken können) Das kam natürlich super an, alle waren stolz auf mich ("Maledjez!") und ich war auch stolz auf mich.
Im Nebenraum fand zeitgleich die samstagliche Dorfdisko statt, wohin sich dann die lustige Gesellschaft im späteren Verlauf verlagerte. Warum hört sich russischer Billig-Pop in Russland eigentlich so gut an und in Deutschland dann immer so schrecklich? Tschornie Glasa, na, na tschornie glasa...

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